Ein Astronomiekurs in Zeiten von Corona

17. August 2020 - Sven Melchert

Hubert Hermelingmeier und Arnold Hoppe

Die Corona-Krise im Frühjahr 2020 ist uns allen noch im Bewusstsein. Schulen und Betriebe wurden geschlossen und öffentliche Veranstaltungen abgesagt, um den Kontakt der Menschen untereinander als Schutzmaßnahme zu reduzieren. Dies betraf auch Sternwarten, Planetarien und Volkshochschulen. Einige Volkshochschulen haben relativ schnell reagiert und auf die zentrale vhs.cloud für Online-Kurse zurückgegriffen.

Im Rahmen unserer astronomischen Vereinsarbeit haben wir seit vielen Jahren Kontakt zur VHS Reckenberg-Ems, die im Verbund mit Rheda-Wiedenbrück, Rietberg, Langenberg und Herzebrock-Clarholz im südlichen Kreis Gütersloh Bildungsangebote realisiert. Die Astronomiekurse, die wir dort anbieten, haben immer einen hohen Praxisbezug. Auch im April 2020 waren natürlich Astronomiekurse geplant, die aber, wie alle anderen Veranstaltungen auch, zunächst abgesagt wurden.

Wenige Tage vor dem eigentlichen Termin wurden wir jedoch von der Volkshochschule angesprochen, ob wir in der Lage wären, den Kurs auch online durchzuführen. Das war für uns ein gänzlich neuer Ansatz, mit dem wir uns zunächst beschäftigen mussten.

Die Aufgabe reizte uns. Etwas Erfahrungen in dieser Arbeitsweise hatten wir in den Wochen zuvor bereits durch unsere berufliche Tätigkeit im Homeoffice gemacht. Entsprechende Absprachen mit der VHS waren schnell getroffen und so stand der Entschluss fest, einen praxisorientierten Astronomiekurs für Anfänger und für mäßig Fortgeschrittene online anzubieten.

Wir wollten weder das Rad neu erfinden noch die Teilnehmer lediglich mit einem trockenen Vortrag langweilen. Stattdessen hatten wir uns vorgenommen, unser Publikum auch online aktiv einzubinden, genauso, wie wir es auch sonst in unseren Kursen handhaben. Onlinevorträge gibt es bereits zuhauf, außerdem hatte die VdS in Kooperation mit dem Haus der Astronomie in Heidelberg mit der Reihe „Faszination Astronomie“ bereits damit begonnen, ein Online-Programm zu etablieren. Unser Kurs soll dazu eher eine aktive Ergänzung bieten.

Die Volkshochschule hatte zwischenzeitig die Cloudtechnologie für das Anmeldeverfahren und die Übertragungstechnik bereitgestellt und begann mit der Werbung für unseren Astronomie-Kurs.

Im Zentrum des Online-Workshops stand das Planetariums-Programm Stellarium [2] (Abbildung 1) Der Kurs war zeitlich so gelegt, dass er zum Sonnenuntergang und mit der Beobachtung des fast vollen Mondes begann. Glücklicherweise war das Wetter gut, so dass die Teilnehmer ihren Laptop oder das Smartphone mit ans Fenster oder auf die Terrasse mitnehmen konnten. Damit waren sie in der Lage, unsere Beschreibungen direkt und mit dem bloßen Auge oder einem Feldstecher zu verfolgen. Wer hatte, konnte auch ein Teleskop dazu nehmen. In den nächsten Minuten brach zudem die Dämmerung herein, so dass alles gleichzeitig sowohl in Stellarium als auch in der Natur zu beobachten war. Danach haben wir uns der strahlenden Venus zugewandt, die in den Tagen zuvor die Plejaden besucht hatte. Auch hier waren unsere Beschreibungen entsprechend gegliedert, so dass die Feldstecher-Beobachter die Venus und die Plejaden vor Augen hatten, die Teleskopbeobachter aber eben auch die Halbvenus erkennen konnten. Um den Anblick zu verdeutlichen, hatten wir unsere Zeichnungen mitgebracht und in die Kamera gehalten (Abbildung 2). Hier die Details anhand des Bleistifts (spiegelbildlich) zu zeigen, erforderte unsere besondere Konzentration. Im weiteren Verlauf dieses praktischen Onlinekurses suchten wir dann weitere Sternhaufen und Nebel auf, welche mit dem Feldstecher erreichbar sind, und erläuterten deren Eigenschaften. Die Beschreibungen wurden immer wieder durch praktische Tipps ergänzt, zum Beispiel, wie das Auffinden der Beobachtungsobjekte durch Starhopping gelingen kann. Uns ist es sogar gelungen, praktische Experimente wie die Kreiselbewegungen (Präzession) der Erdachse oder auch unser Szintillationsexperiment [3] einzubauen. Dafür musste allerdings die Laptopkamera entsprechend umgestellt werden.

Über den Chat wurden etliche Fragen gestellt, denn einige der zehn Besucher brachten sich auch aktiv ein. Die ungewohnten Rahmenbedingungen und die gleichzeitige Beachtung des Chats forderten unsere volle Konzentration.

Fazit: Die äußerst positiven Rückmeldungen einzelner Teilnehmer bewiesen, dass das Experiment eines Online-Praxisworkshops durchaus gelungen war, auch wenn wir kleine technische Probleme mit der Handhabung des Videosystems hatten. Mit dem Admin an unserer Seite hat es dann wirklich gut funktioniert.

Literaturhinweise und Weblinks (Stand April 2020)