VdS-Medaille 2004: Georg Dittié

Wolfgang Steinicke (links) vom VdS-Vorstand überreicht Georg Dittié die Urkunde und die VdS-Medaille 2004.

Auszüge aus der Laudatio, gehalten von Daniel Fischer:

Georg Dittié ist zweifellos ein Mann mit einer Vision – und das Bildverarbeitungsprogramm Giotto für dessen Entwicklung und kostenlose Zurverfügungstellung er heute ebenso geehrt wird wie für die unermüdliche Popularisierung der Videoastronomie, für die es ursprünglich entstand, könnte man als das konsequente Produkt eines Prozesses betrachten, der vor 18 Jahren begann.
Damals war Georg besonders an der hochauflösenden Beobachtung von Planeten interessiert – und unzufrieden. »Alles fing mit einem Frust im Jahre 1986 an,« schreibt Dittié im Vorwort des 57-Seiten-Skriptums »Video in der Planetenastronomie«, das er 1992 auf der Violauer Planetentagung präsentierte: »Mir ging[en] schlicht und einfach die ewig unzuverlässige Zeichnerei und die ewig unscharf bleibenden Fotos auf den Geist. Dann brachte ein guter Bekannter [es war übrigens Uwe Reimann] einen der allerersten wirklich brauchbaren Camcorder mit zum traditionellen M.A.O.-Abend.« (Gemeint ist die Moerser Astronomische Organisation, in den 1980-er Jahren ein Springquell radikaler astronomischer Konzepte.)

»Jupiter stand damals in Opposition, und es war klar,« so Georg weiter: »Wir haben einfach den Camcorder hinter das Okular gehalten und dann das Videoband auf einer völlig normalen Glotze abgespielt. Das Resultat war unglaublich scharf und so farbig, wie ich es noch nie gesehen habe. Da war der Groschen gefallen« – doch bis es gelang, die Videobilder auch ordentlich in den Computer zu befördern, um sie weiter verarbeiten zu können, sollten noch Jahre vergehen, und bis zur Fertigstellung der ersten Version der speziell dafür entwickelten Software Giotto gar über ein Jahrzehnt. Noch als 1992 das Skript erschien, war es durchaus üblich, das laufende oder angehaltene Videobild vom Monitor abzupausen und dann diese Zeichnungen weiter zu verarbeiten. Aber die rasanten Fortschritte in der Computer- wie der Videotechnik in den 1990-er Jahren überraschten selbst unseren Georg, der damals das frisch auf den Markt gekommene Hi-8-System für das Ende der Entwicklung auf längere Zeit hielt und einen Computer mit »4 oder gar 8 MB« RAM, 16 MHz Taktrate und 20 MB Festplatte für ausreichend für die Datenverarbeitung betrachtete.

Aber dann kamen mit dem DV-Standard die digitale Videoaufzeichnung für den Consumerbereich und immer schnellere und leistungsfähigere Rechner (die Georg gerne so heftig takten ließ, dass umfangreiche Wasserkühlung vonnöten war): Die Zeit war reif für eine Software, die die auf den Violauer und anderen Tagungen seit Jahren verkündeten (und anfangs oft verspotteten) videoastronomischen Visionen Wirklichkeit werden zu lassen. Die Mathematik hinter den Algorithmen hatte Georg längst im Kopf, aber all die Schnittstellen zur sich ständig wandelnden Hardware und fremden Softwaretreibern dauerten. Doch dann war die erste Giotto-Version fertig, und wer sich darauf einließ, konnte bald in der vordersten Liga der Videoastronomie mitspielen. Auch außerhalb der Planeten- und Mondaufnahme, um die es ursprünglich gegangen war, hat die Software »Marktanteile« erobert, selbst im Deep-Sky-Sektor – und die neuesten Versionen können auch mit den Riesendateien der neuen Digitalstandbildkameras umgehen. Und wenn dann auch noch die erste Fassung mit englischsprachiger Oberfläche und Dokumentation erscheint, steht dem globalen Ruhm des Trägers der VdS-Medaille 2004 nichts mehr im Wege