VdS-Medaille 2017: Wolfgang Busch
Die Tagesordnung der VdS-Mitgliederversammlung 2017 enthielt an zehnter Stelle den unscheinbaren Eintrag „Vorschläge zum VdS-Preis“. Fur einen Teilnehmer der 33. VdS-Tagung am 21. Oktober 2017 in Heidelberg sollte sich hinter diesem Tagesordnungspunkt allerdings eine ganz besondere Überraschung verbergen: Wolfgang Busch, Optikkenner und -konstrukteur ersten Ranges und langjähriges Mitglied der VdS, wurde der Deutsche Preis fur Astronomie verliehen.
Wie bei vielen begeisterten Amateuren erwachte das Interesse fur die Astronomie bei Wolfgang Busch in seiner Jugendzeit. Schon als Schüler machte er die Bekanntschaft der Wissenschaftler an der Hamburger Sternwarte und hatte eine Karriere als Astrophysiker fest vor Augen. Es sollte dann aber in den Wirren der Nachkriegszeit anders kommen, so dass Wolfgang Busch später den Beruf des Lehrers ergriff. Statt Physik unterrichtete er Erdkunde – und Musik, seine zweite Leidenschaft. Der Astronomie ist er dennoch treu geblieben und hat im Rahmen der von ihm geleiteten Astronomie-AGs wiederum ganze Schulergenerationen dafür begeistern konnen.
Größere Fernrohre, wie sie heute für vergleichsweise kleines Geld als Massenware aus Fernost zu haben sind, kosteten in den 50er- und 60er-Jahren Unsummen und waren daher für die meisten Privatpersonen unbezahlbar. Viele Amateurastronomen griffen daher zum Selbstbau, um sich ihren Traum vom Teleskop zu erfüllen. So wurde auch Wolfgang Busch zum Spiegelschleifer und eignete sich die notwendigen Kenntnisse an, um die selbst hergestellten Optiken auch auf ihre Abbildungsqualitat hin zu prüfen.
Durch das Aufkommen der Dobson-Montierung und damit der Möglichkeit, auch große, individuelle Teleskope zu einem günstigen Preis für visuelle Beobachtungen stabil zu montieren, hält die Renaissance des Selbstschliffs nicht nur bis heute an, sondern gipfelt immer wieder von Neuem in außergewöhnlichen Resultaten. Jedoch beschränkt sich dies fast ausschließlich auf Teleskope in Newton-Bauweise, und nur die wenigsten Schleifer wagen sich heutzutage an ein Linsenteleskop.
Nicht so Wolfgang Busch. Sein Streben nach der bestmöglichen Optik und die intensive Beschäftigung mit den legendären Objektivkonstruktionen aus dem Hause Zeiss führte in den 70er-Jahren zur Entwicklung des „Halbapochromaten-Bausatzes nach Wolfgang Busch“, einem dreilinsigen, ölgefugten Objektiv mit vermindertem sekundärem Spektrum, dessen Komponenten vom zukünftigen Refraktorbesitzer selbst geschliffen und poliert werden sollten. Die letzten Bausätze dieser Art wurden im Jahr 2009 verkauft.
Als Lehrer ist Wolfgang Busch schon seit vielen Jahren im wohlverdienten Ruhestand. Als Optikfachmann hingegen ist er auch im hohen Alter – er ist nunmehr 90 Jahre jung – umtriebiger denn je. Nicht nur Freunde und Bekannte holen seinen Rat ein, wenn es um die Begutachtung der Qualitat einer Optik geht, und überlassen ihm Objektive zur Instandsetzung, Optimierung und Justage. Besuche haben ihn an Observatorien weltweit gebracht, internationale Kontakte knüpfen und weit über die Grenzen seiner norddeutschen Heimat hinaus bekannt werden lassen.
Ein Besuch bei Wolfgang Busch in Ahrensburg nordöstlich von Hamburg wiederum ist ein Erlebnis für sich, bei dem aus Schubladen im Wohnzimmerschrank plötzlich Okulare hervorgezaubert oder spontan die Baüme in Nachbars Garten zum Test der Abbildungsqualitat einer Optik herangezogen werden. Mit der Werkstatt im Keller betritt man eine wahre Fundgrube voller mechanischer und optischer Bauteile. Zumeist findet sich auf der optischen Bank ein Objektiv, das gerade auf Herz und Nieren geprüft, vermessen und verbessert wird.
Sein umfangreiches Wissen hat Wolfgang Busch nicht nur zu einem gefragten Kenner für die einst bei Zeiss gebauten Optiken gemacht, auch andere historische Objektive nimmt er gern unter die Lupe und geht ihrem Werdegang nach. Das war es auch, was ihn eigentlich nach Heidelberg geführt hatte, denn im Rahmen der Tagung stellte er wenige Stunden vor der Preisverleihung in einer humorvollen Prasentation seine Recherchen und Messungen zu dem Teleskop mitsamt Okular vor, mit dem Friedrich Argelander die berühmte Bonner Durchmusterung durchgeführt hat.
Mit der Verleihung des Deutschen Preises fur Astronomie an Wolfgang Busch möchte die VdS zu ihren Wurzeln zurückkehren und Mitglieder ehren, die sich auf besondere Art und Weise um die Amateurastronomie verdient gemacht haben. Sichtlich gerührt nahm der Preisträger die Urkunde und den zum Preis gehörigen Vesta-Meteoriten entgegen.