6. Juni 2012: Venus auf dem Weg vor die Sonne

2. Juni 2012 - VdS

Der Venustransit am 6. Juni bahnt sich buchstäblich an. Die Venus nähert sich in diesen Tagen der Sonne immer weiter an und wird von der Erde aus am Morgen des 6. Juni vor der Sonnenscheibe als schwarzer Kreis vorbeiziehen. Aus diesem Anlass hat die VdS auch eine Pressemeldung veröffentlicht, denn so etwas wird erst in 105 Jahren wieder von der Erde aus zu sehen sein.
Im Frühjahr dieses Jahres strahlte Venus als Abendstern. Die maximale Distanz zur Sonne, ihre größte östliche Elongation, erreichte der innere Nachbarplanet am 27. März. Immerhin 46 Grad war die Venus dann von der Sonne entfernt, und man konnte sie selbst in dunkler Nacht noch am Westhimmel leuchten sehen. Nach dem 27. März verringerte sich der Winkelabstand Sonne – Venus wieder. Ende April betrug der Abstand nur noch 35 Grad, und Ende Mai hatte man bei einer Distanz von 15 Grad schon Mühe, die Venus noch am Abendhimmel ausfindig zu machen.
Auf ihrer Bahn um die Sonne bewegt sich Venus dabei in eine Position zwischen Sonne und Erde. Venus nähert sich der Erde an, ihr scheinbarer Durchmesser nimmt stetig zu: von 24 Bogensekunden Ende März auf 55 Bogensekunden Ende Mai. Gleichzeitig wird die Sichel der Venus immer schmaler. Wenn Venus ihre Position exakt zwischen Erde und Sonne erreicht, sehen wir von ihr nur noch die unbeleuchtete, dunkle Rückseite. Während einer solchen unteren Konjunktion befindet sich Venus meist einige Grad oberhalb oder unterhalb von der Sonne entfernt, denn die um 3,5 Grad relativ zur Ekliptik geneigte Venusbahn macht ein exaktes Zusammentreffen mit der nur 0,5 Grad großen Sonnenscheibe recht selten.

Kurz nach der Knotenpassage
Doch genau dieses Ereignis tritt in der Nacht vom 5. auf den 6. Juni 2012 ein: Venus tritt als schwarze Scheibe vor die Sonne, ein sogenannter Venustransit findet statt. Denn die untere Konjunktion der Venus trifft auf den 6. Juni um 2 Uhr MEZ, und nur 16 Stunden später wird die Venusbahn die Ekliptik kreuzen. Bereits am 8. Juni 2004 konnte ein Venusdurchgang vor der Sonnenscheibe beobachtet werden. Damals hatte die Venus ihre Knotenpassage – den Schnittpunkt zwischen Ekliptik und Venusbahn – gerade hinter sich, als sie am 8. Juni 2004 um 10 Uhr MEZ in untere Konjunktion trat. Wir haben besonderes Glück, zu unseren Lebzeiten gleich zwei Venustransite erleben zu können, denn der vorletzte Transit fand am 6. Dezember 1882 statt, und bis zum folgenden am 11. Dezember 2117 werden über 105 Jahre vergehen.
Nur in der Ferne vollständig zu sehen
Doch leider gibt es beim diesjährigen Venustransit einen kleinen Haken: Wenn die Venus am 5. Juni kurz nach 23 Uhr ihren ersten Kontakt mit dem Sonnenrand hat, steht die Sonne für uns Mitteleuropäer unsichtbar unter dem Horizont. Erst mit Sonnenaufgang am 6. Juni wird man die Endphase des Transits miterleben. Um den diesjährigen Venustransit in seiner vollen Länge beobachten zu können, muss man sich entweder östlich von 90 Grad östl. Länge befinden – hier ist die Sonne mit Beginn des Transits bereits aufgegangen – oder nördlich von 68 Grad nördl. Breite, wo die Sonne zu dieser Zeit nicht unter den Horizont sinkt. Als Reiseziele bieten sich das östliche China, Japan und Ostaustralien an, oder das nördliche Norwegen. Eine besondere Erwähnung ist noch Island wert. Dort steht die Sonne zu Beginn des Transits über dem Horizont, wird dann je nach Ort für bis zu zwei Stunden unter dem Horizont versinken und taucht dann zusammen mit der Venus wieder auf. Man kann also Beginn und Ende des Venustransits beobachten.

Der Venustransit von Deutschland aus

Den wenigsten wird es aber vergönnt sein, zum Venustransit eine Fernreise zu unternehmen, und nach dem vom Wetterglück gesegneten Transit am 8. Juni 2004 ist der Reiz, den Durchgang in seiner gesamten Länge zu beobachten, eher gedämpft. Für alle Daheimgebliebenen heißt es daher, am Morgen des 6. Juni zeitig aus den Federn zu kommen, denn die von der schwarzen Venus geschmückte Sonne tritt für den zentralen Ort bei 50 Grad nördl. Breite / 10 Grad östl. Länge bereits um 5.12 Uhr über den Horizont. Gegen 6.30 Uhr wird die Venus über den westlichen Sonnenrand treten, so dass uns immerhin über eine Stunde der Transitzeit zur Beobachtung übrig bleibt. Kurz vor 7 Uhr wird Venus die Sonne dann endgültig verlassen. Je weiter nordöstlich man sich in Mitteleuropa befindet, desto länger wird man den Transit beobachten können. So geht die Sonne in Berlin bereits um 4.41 Uhr auf, in Freiburg hingegen erst gegen 5.30 Uhr, und auf Rügen schon um 4.30 Uhr. Die Wahl eines nordöstlichen Beobachtungsstandorts kann also selbst innerhalb von Deutschland den Venustransit um bis zu eine Stunde verlängern!

Die Beobachtung des Transits

Die Beobachtung beginnt mit Sonnenaufgang. Und darin liegt auch der besondere Reiz unserer eigentlich benachteiligten Situation, wenn die frühe Sommersonne mit der Venus über den nordöstlichen Horizont tritt. Bei Sonnenaufgang mag das grelle Sonnenlicht vom Morgendunst noch so weit gedämpft sein, dass man einen Blick ohne Sonnenfilter riskieren kann (wovon aber eindeutig abgeraten wird!), ansonsten sieht man sich technisch einer Sonnenbeobachtung gegenüber. Dazu der immer wieder notwendige Hinweis, dass man niemals ohne sicheren Sonnenfilter in die Sonne schauen darf, will man sein Augenlicht nicht dauerhaft schädigen! Weder mit bloßem Auge und schon gar nicht mit einem Fernglas oder Teleskop.
Für die Beobachtung mit bloßem Auge genügt eine typische Sonnenfinsternisbrille. Die Venus ist groß genug, um sie als kleinen schwarzen Klecks vor der Sonne erkennen zu können. Für das Fernglas oder Fernrohr ist im Fachhandel relativ preiswerte Sonnenfilterfolie erhältlich, für die man sich entweder selbst aus Pappe eine Halterung bastelt oder gleich zu einer Version mit passender Steckhülse für das Teleskop greift. Wichtig: Achten Sie darauf, eine Folie für visuelle Beobachtung zu erwerben, denn es werden auch Filter für die Fotografie angeboten, die deutlich mehr Sonnenlicht passieren lassen.
Die Sonne ist rund 30 Bogenminuten groß, um sie vollständig im Okular zu sehen, bedarf es nur geringer Vergrößerung. Venus misst eine Bogenminute, wer sich ihre schwarze Scheibe vor der Sonnenoberfläche genauer betrachten möchte, kann so hoch vergrößern, wie es die Luftunruhe an diesem Morgen zulässt.
Richtig spannend wird es noch einmal zum Ende des Transits hin. Wenn Venus beginnt, die Sonnenscheibe wieder zu verlassen, kann auf ihrer vorausschreitenden Seite vielleicht eine leichte Aufhellung des Venusrands gesehen werden. Bevor sich Venus dann mit ihrem letzten Zipfel von der Sonne löst, kann nach dem Schwarzer-Tropfen-Phänomen Ausschau gehalten werden: Zwischen Venus und Sonnenrand scheint sich eine dunkle Brücke zu bilden. Seit dem Transit von 2004 weiß man allerdings, dass dieses Phänomen durch mangelnde optische Qualität des Teleskops hervorgerufen wird. Natürlich sind alle Arten spezieller Sonnenteleskope wie das beliebte „PST“ zur Beobachtung des Transits hervorragend geeignet.

Zur Fotografie des Transits
Für eine typische DSLR-Kamera eignen sich Brennweiten ab 200 mm, um die Venus vor der Sonne auf dem Bild erkennen zu können. Auch hier gilt wie bei der visuellen Beobachtung: unbedingt einen Sonnenfilter verwenden! Besser sind Brennweiten ab 500 mm, und mit 1200 mm wird die Sonne das Bildfeld fast vollständig ausfüllen. Noch längere Brennweiten eignen sich dazu, die schwarze Scheibe der Venus bzw. die ihr benachbarte Sonnenoberfläche im Detail festzuhalten. Immerhin kann man davon ausgehen, dass auf der Sonne einige Flecken zu sehen sein werden, zu denen sich zeitweise die Venus gesellen mag. Wie auch sonst bei der Sonnenfotografie üblich, kann man zu einer Webcam oder Videokamera greifen und damit besonders scharfe Bilder machen.

So wird die Beobachtung zum Erfolg
1.    Suchen Sie sich einen Beobachtungsplatz mit freiem Blick nach Nordosten (Azimut ca. 50 Grad), um die Sonne so früh wie möglich aufgehen zu sehen.
2.    Ermitteln Sie für diesen Ort die exakte Zeit des Sonnenaufgangs und des Azimuts der aufgehenden Sonne, z.B. mit einem Planetariumsprogramm.
3.    Sofern nicht vorhanden, kaufen Sie sich Sonnenfilterfolie und befestigen sie sicher vor dem Fernglas, Kameraobjektiv oder Teleskop.
4.    Einige Sonnenfinsternisbrillen für den Blick mit bloßem Auge und spontane Mitbeobachter nicht vergessen.
5.    Beobachten Sie schon vor dem Transit einige Male die Sonne und versuchen, scharfe Fotos zu schießen – Übung macht den Meister.
6.    Überprüfen Sie Ihre Ausrüstung auf Vollständigkeit schon einige Tage vor dem Transit.
7.    Stehen Sie am Tag des Transits frühzeitig auf und packen ein Frühstück mit ein.
8.    Praktisch ist auch ein Campingstuhl, um nicht die lange Zeit des Transits stehen zu müssen.
9.    Notieren Sie Ihre Erlebnisse, für Fotos vorher die Uhrzeit der Kamera überprüfen.

Uns allen gutes Wetter und viel Erfolg bei der Beobachtung des Venustransits! Bilder und Berichte veröffentlicht die VdS in der kommenden Ausgabe des Journal für Astronomie – versorgen Sie uns mit Ihren Erlebnissen per E-Mail an venustransit@vds-astro.de